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domenica 22 agosto 2021

Consecutio temporum, die drölfte


Im Italienischen dürfen sich das Verb des Matrixsatzes und das Verb des eingebetteten Satzes in Modus und Aspekt unterscheiden, müssen aber immer die gleiche Zeitform haben. Man wählt die Zeitform des eingebetteten Satzes also nach dem folgenden Schema:
Gleichzeitigkeit
[indicativo presente] che [congiuntivo presente]
[indicativo imperfetto / passato prossimo / remoto] che [congiuntivo imperfetto]
[indicativo trapassato prossimo / remoto] che [congiuntivo trapassato]
Vorzeitigkeit
[indicativo presente] che [congiuntivo passato, d.h. avere / essere im Präsens + participio passato]
[indicativo imperfetto / passato prossimo / remoto] che [congiuntivo trapassato]
[indicativo trapassato prossimo / remoto] che [congiuntivo trapassato]
Da das Italienische allerdings (wie alle romanischen Sprachen) Tempus und Aspekt nicht sauber trennt, besteht eine Ausnahme, wenn bei Vorzeitigkeit das Verb des Matrixsatzes im Präsens steht und das Verb des eingebetteten Satzes eine Handlung im imperfektiven Aspekt beschreibt, wie in (1)
(1) Spero che fosse qualche straniero
Hier ist es wichtiger, dass sowohl Vorzeitigkeit und imperfektiven Aspekt ausgedrückt werden, als dass beide Verben die gleiche Zeitform haben, deswegen ist (1) grammatisch.
Das kann man als Evidenz für Optimalitätstheorie / Harmonischen Serialismus in der Morphosyntax nehmen.
Wie die consecutio temporum mit präsyntaktischer Morphologie zu vereinbaren ist, ist eine andere Frage. Vermutlich liefert die Morphologie einfach das korrekte Paradigma als Input für die Syntax, die den für den jeweiligen Satz optimalen Kandidaten auswählt. Mehr Details folgen, wenn ich mich in HS richtig eingefuchst habe.

martedì 3 agosto 2021

Die wahre Bedeutung bestimmter Artikel

 Vor zwei Jahren habe ich mir  hier schon einmal zu bestimmten Artikeln Gedanken gemacht - nur leider die falschen. Das soll hier berichtigt werden.

In unserem Semantik-Einführungskurs (Semantik I) am Institut für Linguistik in Leipzig sind bestimmte Artikel zunächst vom Typ <<e,t>,e> und haben folgende Bedeutung: 

λP.∃!x [P(x)]. ιy [P(y)]. 

Zu deutsch: Gib mir ein Prädikat P und es gibt genau ein ( = ∃!) x, für welches das Prädikat P gilt, dann gebe ich Dir dieses einzigartige ( = ι)  y  wieder, für das P gilt. 

Diese Auffassung geht auf Gottlob Frege zurück. 

Eigennamen sind in Semantik I vom Typ e und referieren (= verweisen) direkt auf Individuen, haben also Bedeutungen wie

[[Maria]] = Maria 

Nun hat Greg Kobele im Kurs Semantik II für Eigennamen folgende Alternative vorgeschlagen: Man nehme an, diese seien vom Typ <<e,t>,t> und hätten die Bedeutung λP.[P(e)], zu deutsch: Gib mir ein Prädikat P und ich gebe Dir dieses Prädikat, angewendet auf mich, zurück. 

Da schon im Kurs Semantik I erwähnt wird, bestimmte Artikel seien ja eigentlich vom Typ <<e,t>,<<e,t>,t>,  kann man ausgehend von Gregs Vorschlag für Eigennamen folgende neue Bedeutung für bestimmte Artikel annehmen:

λQ. λP. ∃!x [Q(x)]. [P(ιy.[Q(y)])]

Zu deutsch: Gib mir ein Prädikat Q und ein Prädikat P, und wenn es genau ein ( = ∃!)  x gibt, für welches das Prädikat Q gilt, dann gebe ich Dir das Prädikat P angewendet auf dieses einzigartige ( = ι) y, für welches das Prädikat Q gilt. 

Ein Vorteil daran ist: Wenn man jetzt Eigennamen als Eigenschaften vom Typ <e,t> begreift (was durchaus Sinn ergibt, es gibt ja mehrere Marias auf der Welt), kann man sie nun als Argument an den bestimmten Artikel (in den Dialekten, in denen man "die Maria" sagt) oder einen Null-Determinierer mit identischer Bedeutung (in den Dialekten, in denen man nur "Maria" sagt) verfüttern: 

[[Maria]] = λz. Maria(z)

[[die]] = λQ. λP. ∃!x [Q(x)]. [P(ιy.[Q(y)])]

[[die]]([[Maria]]) 

= λQ. λP. ∃!x [Q(x)]. [P(ιy.[Q(y)])] (λz. Maria(z))

=  λP. ∃!x [Maria(x)]. [P(ιy.[Maria(y)])] 

Zu deutsch: Gib mir ein Prädikat P und es gibt genau ein ( = ∃!) x, für das gilt: x ist eine Maria, dann gebe ich Dir das Prädikat P angewendet auf dieses einzigartige ( = ι) y, das eine Maria ist. 

Soweit zu meiner Argumentation von damals. Was ich damals nicht verstanden und deshalb gar nicht erst beachtet habe, ist, dass schon im Kurs Semantik I nicht nur der eigentliche Typ von bestimmten Artikeln, <<e,t>,<<e,t>,t>, erwähnt wird, sondern auch die eigentliche Bedeutung (die auf Bertrand Russell zurückgeht): 

λQ.  λP.   ∃x   ∀y   [Q(x) <-> x = y] P(y) 

Zu deutsch: Gib mir ein Prädikat Q und ein Prädikat P, dann gibt es ein x und für alle y gilt: Wenn es so ist, dass genau dann, wenn Prädikat Q für x gilt, x gleich y ist, dann gilt Prädikat P für y.

Dieses "für alle y gilt: Wenn es so ist, dass genau dann, wenn Prädikat Q für x gilt, x gleich y ist, dann gelte das Prädikat P angewendet auf y" ist letztendlich nur eine andere Ausdrucksweise für "Wenn es genau ein x gibt, für das das Prädikat Q gilt, dann gelte das Prädikat P für dieses einzigartige y". 

Russell, der abgefeimte Hund, ist ganz elegant die lästigen Sonderzeichen ! und ι losgeworden (die sonst nirgendwo vorkommen als in der Fregeschen Denotation des bestimmten Artikels) - und das mit keinem anderen Hilfsmittel als einem handelsüblichen Allquantor. Deshalb spricht man in der Literatur auch gern von der quantificational analysis des bestimmten Artikels. 

Auch an diesen  quantifikationalen bestimmten Artikel bzw. Null-Determinierer kann man prima einen Eigennamen vom Typ <e,t> verfüttern: 

[[Maria]] = λz. Maria(z)

[[die]] = λQ.  λP.   ∃x   ∀y   [Q(x) <-> x = y] P(y) 

[[die]] ([[Maria]] 

= λQ.  λP.   ∃x   ∀y   [Q(x) <-> x = y] P(y) (λz. Maria(z))

=  λP.   ∃x   ∀y   [Maria(x) <-> x = y] P(y) 

Zu deutsch: Gib mir ein Prädikat P, dann gibt es ein x und für alle y gilt: Wenn es so ist, dass, genau dann, wenn x eine Maria ist, alle x gleich y sind, dann gebe ich Dir das Prädikat angewendet auf y. 

So, nun ist unsere Bedeutungs-Ausrüstung wieder auf dem neuesten Stand. 

Viel Spaß beim Rechnen und Basteln!