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Visualizzazione post con etichetta Katalanische Literatur. Mostra tutti i post
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martedì 18 settembre 2018

Blanca Busquets - Das Fremde verstehen und daraus lernen


Das Faszinierende an der Literatur ist, dass es den Schriftstellern gelingt, die Kultur eines Landes und das Innere der Menschen in köstlichen Sprachbildern einzufangen wie schillernde Insekten in goldgelbem Bernstein. Blanca Busquets i Oliu ist darin Meisterin. Die katalanische Schriftstellerin, Journalistin und Philologin wurde 1961 in Barcelona geboren und ist in dem katalanischen Dorf Cantonigròs verwurzelt,  hat aber lange in Pamplona im Baskenland gelebt, wo sie in einer französischen Schule zuerst in französischer, dann in spanischer Sprache lesen und schreiben lernte. Von dort an sollte neben der Musik (sie wirkte in zahlreichen Chören und bei Musikprogrammen in Radio und Fernsehen mit und ist Gründerin des internationalen Musikfestivals von Cantonigròs) das geschriebene Wort ihr ganzes Leben bestimmen: Mit zwölf Jahren schrieb sie ihre erste Erzählung und später neun Romane, allesamt auf Katalanisch, in der Sprache ihrer Heimat.

Presó de neu. Barcelona: Proa, 2003.
El jersei. Barcelona: Rosa dels Vents, 2006. 
- Deutsche Übersetzung (2001): Die Woll-Lust der Maria Dolors. DTV 
Tren a Puigcerdà. Barcelona: Rosa dels Vents, 2007.
Vés a saber on és el cel. Barcelona: Rosa dels Vents, 2009. 
- Deutsche Übersetzung (2011): Bis dass der Zufall uns vereint. DTV
La nevada del cucut. Barcelona: Rosa dels Vents, 2010.
La casa del silenci. Barcelona: Rosa dels Vents, 2013. Deutsche Übersetzung (2015): Die Partitur des Glücks. Bastei Lübbe
Paraules a mitges. Barcelona: Rosa dels Vents, 2014. Deutsche Übersetzung (2016): In jener sternenklaren Nacht. Bastei Lübbe
Jardí a l'obaga. Barcelona: Proa, 2016
La fugitiva. Barcelona: Proa, 2018

All diese Romane verbinden die besonderen, ungewöhnlichen Geschichten, welche ihre Charaktere durchleben: In Presó de neu begleitet der Leser Jordi Cordina, der seine Ehefrau umgebracht hat, gerade aus dem Gefängnis entlassen worden ist und an den Ort des Verbrechens zurückkehrt, auf eine Reise in seine Erinnerungen. In El jersei sehen wir die Welt aus der Perspektive von Maria Dolors, einer alten Frau, die nach einer Embolie weder gehen noch sprechen kann, aber mit ihren scharfen Augen und ihrem ebenso scharfen Verstand mehr beobachtet, als der Familie lieb ist, während sie für ihre Enkelin einen Pullover strickt, und die Romane La nevada del cucut und La casa del silenci erzählen von der Leidenschaft mutiger Frauen, die sich trotz widriger Umstände den Büchern und der Musik hingeben. Solche Situationen mögen wir zwar nie erlebt haben, doch durch die einfühlsamen Beschreibungen des Empfindens und Denkens der Charaktere lernen wir sie im wahrsten Sinne des Wortes ver-stehen, indem wir im Geiste in ihre Haut schlüpfen und uns fragen, was wir wohl an ihrer Stelle denken und tun würden. So lernen wir beim Lesen und Mitfühlen von Blanca Busquets Romanen auch uns selbst ein Stück weit besser kennen, und gerade das ist es, was meines Erachtens gute Literatur ausmacht.

Umso mehr freut es mich, dass einige ihrer feinen Beobachtungen und tiefsinnigen Gedankengänge auch Menschen zugänglich sind, die (noch) nicht Katalanisch sprechen - dank der hervorragenden Arbeit großartiger Übersetzer wie Ursula Bachhausen  (Deutsch) Cruz Rodriguez Juiz (Spanisch), Catalina Salazar (Französisch), Ekaterina Gúixina (Russisch), Katarzyna Górska (Polnisch), Mara Faye Lethem (Englisch) und vor allem Giuseppe Tavani. Seine Übersetzung von La casa del silenci ins Italienische, La vita in ogni respiro, wurde 2015 mit dem Premio Alghero Donna, dem Preis für Literatur und Journalismus der Stadt Alghero / L’Alguer, ausgezeichnet. Der Preis wurde -wie der katalanische Premi Llibreter für La nevada del cucut - zwar der Autorin verliehen, doch hätte ihr Werk in Italien wohl kaum solche Anerkennung erfahren, hätte Giuseppe Tavani es nicht so meisterhaft übersetzt. Complimenti al traduttore!

Blanca Busquets jüngster Roman, La Fugitiva ('Mireias Flucht' - Übersetzungsvorschlag: F.A.)  ist aus der Sicht einer über neunzig Jahre alten Frau erzählt, die allein in einer Wohnung in Barcelona lebt. Ihre Tochter meidet sie wo sie kann, ihr Sohn spricht schon lange nicht mehr mit ihr, ihre Haushaltshilfen können ihr nichts recht machen, nur ihre Enkelin vermag es, ihr ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, doch auch sie kann die Schrullen der Großmutter manchmal nicht verstehen. Während wir mit Mireia dem Lärm der Straße lauschen und die neuen Nachbarn ausspionieren, erfahren wir aus ihren Erinnerungen, dass ihre Einsamkeit und Verbittertheit einen Grund hat, dass eine Folge unerwarteter Ereignisse die festen Knoten ihres tristen Lebens jedoch lösen könnte…

Was haben wir mit dem Leben einer alten Frau zu schaffen? Wir sind jung und unser Leben ist (hoffentlich) nicht derart festgefahren - und gerade deswegen kann dieses herrlich geschriebene Buch für uns eine immense Bereicherung sein, denn auch wir werden einmal alt, und wie unser Leben dann aussehen wird, wer weiß es? Fest steht: Je eher wir uns über das Alter Gedanken machen, je länger wir uns innerlich darauf vorbereiten, lernen, damit umzugehen, umso gelassener können wir ihm entgegensehen. Und auch für das Jetzt kann sich der Einblick in Mireias Gedankenwelt als lehrreich erweisen: Vielleicht versteht mancher von uns danach seine Mutter, Großmutter oder Tante, die keifende Nachbarin oder die grimmig dreinblickende Weißhaarige in der Straßenbahn ein wenig besser.

Und durch Mireias Welt lässt Blanca Busquets die Mehrsprachigkeit schimmern, die Teil der katalanischen Kultur ist: Zwar ist der Roman auf Katalanisch geschrieben, und doch findet man dort hin und wieder spanische Wörter und gar Sätze, und so mancher Dialog, der auf Katalanisch wiedergegeben wird, hat sich, wie später erklärt wird, in der im Buch geschaffenen Realität ursprünglich auf Spanisch zugetragen:

Señora, möchten Sie, dass ich Ihnen schon das Abendessen bringe?
Was?
Ob ich Ihnen schon das Abendessen bringen soll.
Ah, ja, ja…
Lupe [die neue Haushaltshilfe] ist Peruanerin und spricht ein Spanisch, das ich nur mit Mühe verstehe. Manchmal brauche ich eine Weile, um zu begreifen, was sie mir gesagt hat.
(Übersetzung: F.A.)

Im Original, das interessiert vielleicht die (angehenden) Übersetzer, steht die Anrede in der katalanischen Schreibweise, Senyora. Da das Gespräch in der Welt des Buches auf Spanisch stattgefunden hat, gebe ich ihn hier auf Spanisch wieder.  Warum aber übernehme ich ihn überhaupt? Ganz einfach - weil er im Deutschen kein zeitgemäßes Äquivalent hat: Während man Senyora im Italienischen mit Signora, im Französischen mit Madame und im Englischen mit Ma’am wiedergeben kann, müssen wir im Deutschen zusätzlich ihren Nachnamen nennen - dies ist wiederum in Spanien und Katalonien nicht üblich, und ich habe mir zum Ziel gesetzt, doch ein wenig von der Ausgangskultur durchblicken zu lassen in meiner Übersetzung. Was bleibt mir also übrig?  Meine Dame? So würde vielleicht ein wildfremder Mensch auf der Straße Mireia ansprechen, aber doch nicht eine Haushaltshilfe. Gnädige Frau? Vor sechzig Jahren war dies die Anrede, mit der eine Haushaltshilfe die Dame des Hauses anzureden pflegte, doch haben sich die Zeiten geändert, und wir wollen doch nicht, dass die deutsche Übersetzung älter wirkt als das Original?! Ein Problem, das bei fast jeder Übersetzung epischer und dramatischer Werke ins Deutsche entsteht (in der Lyrik ist es einerseits komplizierter und andererseits einfacher, doch davon soll ein anderes Mal berichtet werden), und über das man immer wieder neu nachdenken muss, da es immer von der im Text beschriebenen fiktiven Situation abhängt, welche Lösung nun die beste ist.

Um nach diesem Ausflug in die Übersetzung zur Autorin zurückzukommen: Von Blanca Busquets sind in deutscher Sprache bereits bei DTV Die Woll-Lust der Maria Dolors (2001) und Bis dass der Zufall uns vereint (2011) und bei Bastei Lübbe Die Partitur des Glücks (2015) und In jener sternenklaren Nacht (2016) erschienen – allesamt ausgezeichnete Übersetzungen von Ursula Bachhausen. Und auch die Autorin selbst war schon in Deutschland: 2012 war sie auf der Leipziger Buchmesse eingeladen und 2015 stellte sie im Rahmen des Fests Sant Jordi in Berlin den Roman Die Partitur des Glücks (La casa del silenci) vor. Ich würde mich freuen, wenn dies nicht ihre einzigen Besuche in Deutschland wären!

domenica 16 settembre 2018

Lleida, die Wiege von Impariamo l'italiano

Der erste Name der Stadt Lleida war Iltirta. Auf dem Bild kann man die iberische Schreibweise sehen - ich habe mir leider nicht merken können, was die einzelnen Zeichen genau bedeuten, nur dass dasjenige in der Mitte (das aussieht wie ein Dreizack) eine Silbe anzeigt.



















Später haben die Römer aus Iltirta Ilerda gemacht, und daher kommen sowohl der katalanische Name der Stadt, Lleida, als auch der spanische, Lérida.
Zu dem Namen gehören zwei Adjektive: lleidatà und ilerdenc (vgl. Institut d’Estudis Ilerdencs , das u.a. den Premi Humbert Torres vergibt , den z.B. die Schriftstellerin, Journalistin und Wissenschaftlerin Mercè Ibarz 1994 für den Roman La terra retirada erhalten hat ). Das erinnert mich ein wenig an die Stadt Neapel (Napoli), zu deren Namen ebenfalls zwei Adjektive gehören: napoletano und partenopeo.
Als einzige von zwei Städten (die andere Stadt ist Cervera) hatte Lleida unter König Jaume I das Privileg einer eigenen Regierung, die aus den sogenannten paers (aus lat. paciarium, ‘Mensch des Friedens’, ‘Friedensstifter’) bestand. Der Bürgermeister (andernorts batlle oder alcalde genannt) heißt hier paer en cap und hat seinen Sitz in der paeria (andernorts alcaldia).
Aus Lleida kommt das Santmiquel - Bier (auch bekannt als San Miguel), das Herr und Frau Flock in der Kurzgeschichte La senyora Flock von Vicenç Pagès trinken. Das tun sie in Empuriabrava, einer Siedlung an der Costa Brava, an der man -Jordi zufolge- komplett “auf Deutsch leben” kann und begehen dabei ein Sakrileg, denn Santmiquel trinkt man nur in Lleida - “das ist eine Religion”, wie Jordi sagt. Ebenfalls “eine Religion” sind die Schnecken, die man in Lleida isst. Schnecken isst man auch in Frankreich, vor allem in der katalanischen Gegend um Perpignan (“Als rossellonesos els agraden els càrgols, a nosaltres també” [‘Die Leute im Roussillon mögen Schnecken, wir auch’] - Josep Pla, El que hem menjat), doch die Schnecken in Lleida sind etwas gaaaanz anderes als diejenigen in Frankreich - wie gesagt, és una religió.

Mehr Infos gibts hier

Hier lebt Jordi Tremosa, ein Katalane vom Scheitel bis zur Sohle, der neben seiner Arbeit im Archiv der Gemeinde an der dortigen Sprachschule (Escola Oficial d’Idiomes - EOI) Französisch, Englisch, Deutsch und vor allem Italienisch lernt. Kaum beherrschte er den indicativo presente, hat er die Webseite www.impariamolitaliano.com eingerichtet. Seine Dozentin war hellauf begeistert und hat ihn sogleich einer Reihe anderer Italienischdozenten vorgestellt, so dass er von Beginn seines langen Weges durch das Labyrinth der italienischen Sprache an mit der ganzen Welt des Insegnamento dell’italiano come lingua straniera in Verbindung stand. Mittlerweile ist www.impariamolitaliano.com ein großer Erfolg und eine der besten Seiten für Italienischlernende. Jordi arbeitet unter anderem mit Fiorella Atzori, der italienischen Amtskollegin von Bastian Sick (Zwiebelfisch), Betreiberin des Youtube-Kanals Sgrammaticando und Autorin des gleichnamigen Buches (des italienischen Äquivalents von Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod) sowie dem erst letztes Jahr entstandenen Unternehmen Sgrammitaliano zusammen. Zum Admin-Team der Facebook-Seite Impariamo l'italiano gehört unter anderem der venetische Linguist Paolo Rancan und seit November 2017 auch ich. Alle diese Institutionen sind in der Gruppe Impara la lingua italiana vereint, der jeder Facebook-Nutzer beitreten kann, sofern er sich wirklich Mühe gibt mit der Sprache und die Seiten- / Gruppenregeln befolgt. Bei Regelverstößen wird nämlich nicht viel Federlesens gemacht: Kommentare, die nichts zur Diskussion beitragen, unsachlich oder nicht wenigstens teilweise auf Italienisch verfasst sind, werden gelöscht, und Wiederholungstäter fliegen - ebenso wie Nutzer, die sich gebärden wie zahlende Kunden (ich hoffe, das war deutlich genug). Hintergrund dieses Blut-und-Eisen-Vorgehens ist, dass die Seiten nicht kommerziell sind und Facebook ihnen daher nur eine begrenzte Sichtbarkeit zugesteht - die Seiten sollen also vor allem denjenigen zugänglich sein, denen unsere Arbeit auch weiterhilft und die sie zu schätzen wissen.