In seinem Artikel Tècniques de traducció de referents
culturals diskutiert der valencianische Translatologe Josep Marco
verschiedene Typologien von Übersetzungsverfahren, spricht sich für die
Typologisierung von Übersetzungsverfahren anhand einzelner Übersetzungsprobleme
eher denn abstrakt für alle Übersetzungsprobleme sowie für Typologisierungen in
Form eines Kontinuums aus und ordnet eine Reihe von Übersetzungsverfahren für
Kulturspezifika auf einem Kontinuum des Interventionsgrades (grau d’intervenció), des
Annäherungsgrades an den Zieltextrezipienten (grau d’acostament al lector meta), des Grades der Kulturspezifik (grau de culturicitat) und der
Informationsmenge (quantitat d’informació)
an. Er bezieht sich dabei vor allem auf die Übersetzung von Eigennamen und
Realienbezeichnungen. Dr. Elia Hernández Socas hat das Modell bereits zur
Untersuchung der Übersetzung von Eigennamen in Rico, Oskar und die Tieferschatten und seinen Übersetzungen ins
Spanische und Katalanische verwendet. Das Modell ist – leicht abgewandelt –
aber auch auf die Übersetzung von Beschreibungen nonverbaler Elemente
anwendbar.
Marco (2004) führt folgende
Übersetzungsverfahren an:
a)
Reine
und naturalisierte Entlehnung (manlleu
pur i naturalitzat)
Eine reine Entlehnung ist die
Übernahme eines Eigennamens (z. B. Berlin) mit unveränderter
Rechtschreibung, eine Übernahme mit veränderter Rechtschreibung (z. B. Berlín
mit Akzent auf dem i bei der
Übersetzung von Rico,
Oskar und die Tieferschatten ins Spanische oder Katalanische) ist eine
naturalisierte Entlehnung
b)
Wörtliche
Übersetzung (traducció literal)
Ein Beispiel für eine
wörtliche Übersetzung ist die Übersetzung von ‚Fernsehturm‘ mit ‚torre de la
televisió‘ in der katalanischen Fassung von Rico,
Oskar und die Tieferschatten
c)
Neutralisierung
(neutralització):
-
Beschreibung
(descripció): z. B. „polenta“ – „ein norditalienischer Maisbrei“
-
Generalisierung
(generalització): z. B. „der ALDI-Kidnapper“ – „el secuestrador del
súper“
-
Konkretisierung
(particularització)
d)
Hinzufügung
und Auslassung von Informationen (amplificació
i compressió)
Eine Hinzufügung von Informationen
enthält z. B. die Übersetzung von
„Karstadt am Herrmannplatz“ mit ‚el
supermercat Karstadt de la Herrmannplatz‘ in der katalanischen Fassung von Rico, Oskar und die Tieferschatten:
Zusätzlich zu der reinen Entlehnung der deutschen Realienbezeichnung Karstadt wird den katalanischen
Zieltextadressaten erklärt, dass es sich um einen Supermarkt handelt.
e)
Geprägtes
Äquivalent (equivalent encunyat –
equivalente acuñado)
Den Begriff des geprägten
Äquivalents definiert Hurtado (2001:270) wie folgt:
Se utiliza
un término o expresión reconocido (por el diccionario, por el uso lingüístico)
como equivalente en la lengua meta
‚Verwendung eines (durch ein
Wörterbuch, im Sprachgebrauch) als zielsprachliches Äquivalent anerkannten Terminus oder
Ausdrucks‘ (Übersetzung: F. Andermann)
Ein Beispiel ist die
Übersetzung des englischen Chancellor of
the Exchequer mit ‚der britische Wirtschaftsminister‘ im Deutschen, ‚le
ministre des Finances britannique‘ im Französischen (Linguee gibt als
offizielle Übersetzung die Lehnprägung ‚le chancelier de l’Échiquier
britannique‘ an), ‚el ministre d’Hisenda britànic‘ im Katalanischen oder ‚el
ministro de Economía / de Hacienda británico‘ im Spanischen.
f)
Auslassung
(omissió)
g)
Neuschöpfung
(creació)
h)
Intrakulturelle
Adaptation (adaptació intracultural)
Als intrakulturelle
Adaptation bezeichnet Marco die Ersetzung eines Elements aus der Ausgangskultur
durch ein anderes Element aus der Ausgangskultur, welches den
Zieltextrezipienten bekannter ist, wie z. B. bei der Übersetzung von ‚der ALDI-Kidnapper‘
mit ‚el segrestador del Lidl‘ in der katalanischen Fassung von Rico, Oskar und die Tieferschatten.
i)
Interkulturelle
Adaptation (adaptació intercultural)
Eine interkulturelle
Adaptation ist die Ersetzung eines Elements aus der Ausgangskultur durch ein
Element aus der Zielkultur.
Einige, aber nicht alle
dieser Übersetzungsverfahren können auch bei der Übersetzung von Beschreibungen
kulturspezifischer nonverbaler Elemente eingesetzt werden. Das Übersetzungsverfahren
der Entlehnung (manlleu) ist vor
allem für substantivische Realienbezeichnungen geeignet. Kommunikative
nonverbale Elemente werden allerdings meist mithilfe von Verben bzw.
Verbalsyntagmen oder Adjektiven beschrieben, daher empfiehlt sich eine
Entlehnung nicht: Contraire à maman, qui
n’a pas cillé, j’ai gegrinst würde z. B. auf französische Zieltextleser verstörend
wirken. Und selbst in dem Fall, dass eine nonverbale kommunikative Handlung im
Ausgangstext mit einem Substantiv bezeichnet wird, wie das Ziehen des Hutes in I Promessi Sposi von A. Manzoni (Don Abbondio fece una scappellata), so
müsste diese Handlung allgemein als typisch für die Ausgangskultur bekannt sein
und/oder zusätzlich zu einer Entlehnung im Zieltext erklärt werden, was umständlicher
ist als eine einfache Erklärung, zumal es sich im Fall der scappellata um eine Geste handelt, die in früherer Zeit sowohl in
Italien als auch in Deutschland üblich war. Daher hat sich der deutsche
Übersetzer wohl auch für die im Deutschen übliche Beschreibung mittels eines
Verbalsyntagmas (den Hut zog)
entschieden. (siehe Diadori in Poyatos 1997). Neutralisierungen (neutralitzacions) erfolgen bei der
Übersetzung von Beschreibungen nonverbaler Elemente hauptsächlich in Form einer
Verbalisierung der Bedeutung dieser Elemente anstatt der Elemente selbst. Ein
Beispiel ist die Übersetzung von „Ich schüttelte den Kopf“ mit ‚J’ai fait non
avec la tête‘ (‚Ich habe mit dem Kopf nein gemacht‘). Daher wird im Folgenden
die Unterkategorie ‚Beschreibung‘ durch ‚Verbalisierung der Bedeutung‘ (im
Katalanischen vielleicht ‚verbalització del significat‘) ersetzt. Eine
intrakulturelle Adaptation (adaptació
intracultural) wäre bei der Übersetzung von Beschreibungen kommunikativer
nonverbaler Elemente die Ersetzung eines kommunikativen nonverbalen Elements
der Ausgangskultur durch ein anderes kommunikatives nonverbales Element der
Ausgangskultur. Dies ergibt nur dann Sinn, wenn beide dieser Elemente die
gleiche Bedeutung haben und eins dieser Elemente in der Zielkultur bekannt ist,
das andere jedoch nicht, was selten vorkommt (mir zumindest ist kein solcher
Fall bekannt). Interkulturelle Adaptationen (adaptacions interculturals), d.h. Substitutionen nonverbaler
kommunikativer Elemente der Ausgangskultur durch äquivalente kommunikative
nonverbale Elemente der Zielkultur, sind hingegen möglich und sinnvoll.
Schließlich würden Neuschöpfungen kommunikativer nonverbaler Elemente in der
Zielkultur den Zielleser vermutlich verwirren (ebenso wie Entlehnungen), daher
ist es unwahrscheinlich, dass ein Übersetzer dieses Verfahren anwendet. Auslassungen sind hingegen durchaus üblich.
Für die Untersuchung von Beschreibungen kulturspezifischer nonverbaler Elemente können daher folgende Übersetzungsverfahren übernommen werden:
a)
Wörtliche
Übersetzung / Übernahme (traducció
literal)
b)
Neutralisierung
(neutralització)
-
Verbalisierung
der Bedeutung (verbalització del
significat)
-
Generalisierung
(generalització)
-
Konkretisierung
(particularització)
c)
Hinzufügung
und Auslassung von Informationen (amplificació
i compressió)
d)
Auslassung
(omissió)
e)
Interkulturelle
Adaptation (adaptació intercultural)
Literaturangaben
Andermann, Felicitas (2018): Sie tippte sich mit dem Finger an den Kopf. Eine vergleichende Untersuchung der Beschreibungen kulturspezifischer nonverbaler Elemente in Andreas Steinhöfels Kinderbuch Rico, Oskar und die Tieferschatten und seiner Übersetzung ins Französische. Universität Leipzig, Bachelorarbeit
Marco, Josep
(2004): „Les tècniques de traducció (dels referents culturals)“. Quaderns.
Revista de Traducció 11, 129–149.
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