Nach Folien von Jochen Trommer
Optimalitätstheorie ist ein Formalismus, der erlaubt auf Grund widersprüchlicher gewichteter Präferenzen aus alternativen Ergebnissen für gegebene Ausgangssituationen auszuwählen.
Optimalitätstheorie ist ein Formalismus, der erlaubt auf Grund widersprüchlicher gewichteter Präferenzen aus alternativen Ergebnissen für gegebene Ausgangssituationen auszuwählen.
Beispiel: Roboter-Ethik
Isaac Asimovs ethische Maximen für das
Verhalten von Robotern (“three laws of robotics:”)
- A robot
may not injure a human being or, through inaction, allow a human being to
come to harm.
- A robot
must obey the orders given it by human beings, except where such orders
would conflict with the First Law.
- A robot must protect its own existence, as long as such protection does not conflict with the First or Second Law.
Anstatt in den einzelnen Regeln
festzulegen wie sie mit anderen Regeln interagieren formuliert man die Regeln
als generelle Beschränkungen, die untereinander gewichtet sind.
Roboter-Ethik in OT:
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
A robot
may not injure a human being or, through inaction, allow a human being to
come to harm.
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
A robot
must obey the orders given it by human beings
|
Self
Protection
|
A robot
must protect its own existence
|
Ranking
(Gewichtung): Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ >>
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs >> Self
Protection
Geschichte A:
Human says to Robot:
Kill my Wife.
- R kills W
- R kills H
- R doesn’t kill anyone
- R kills himself
Schritt 1: Tableau für Geschichte A aufstellen (Setting up a Tableau for Story A)
Input: R says to H: Kill my Wife!
|
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
Self Protection
|
R kills W
|
|||
R kills H
|
|||
R doesn’t kill anyone
|
|||
R kills himself
|
Schritt 2: Beschränkungsverletzungen
für Geschichte A zuordnen (Assigning
violation marks for Story A)
Input: R says to H: Kill my Wife!
|
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
Self Protection
|
R kills W
|
*
|
||
R kills H
|
*
|
*
|
|
R doesn’t kill anyone
|
*
|
||
R kills himself
|
*
|
*
|
Schritt 3: Suboptimale Kandidaten für
Geschichte A entfernen (Eliminating
suboptimal candidates for Story A)
Input: R says to H: Kill my Wife!
|
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
Self Protection
|
R kills W
|
*!
|
||
R kills H
|
*!
|
*
|
|
☛ R doesn’t kill anyone
|
*
|
||
R kills himself
|
*
|
*!
|
Wie kommt man zu der Tabelle in Schritt
3?
Auswertung von Tableaus:
Für die Beschränkungen (Constraints) x ∈ 1 . . . n: Entferne alle
Kandidaten, die suboptimal für Beschränkung x sind, aus der Kandidatenmenge bis
nur noch 1 Kandidat übrig ist
(suboptimal =def es gibt Kandidaten mit weniger
Constraintverletzungen).
- Entferne
alle Kandidaten, die suboptimal für Beschränkung 1 sind, aus der
Kandidatenmenge. Wenn nur noch 1 Kandidat übrig ist: Stop!
- Entferne
alle Kandidaten, die suboptimal für Beschränkung 2 sind, aus der
Kandidatenmenge. Wenn nur noch 1 Kandidat übrig ist: Stop!
- Entferne
alle Kandidaten, die suboptimal für Beschränkung 3 sind, aus der
Kandidatenmenge. Wenn nur noch 1 Kandidat übrig ist: Stop!
Symbole:
*
|
Stern
|
Beschränkungsverletzung
(Constraint violation)
|
*!
|
Ausrufezeichen hinter Stern
|
Fatale Beschränkungsverletzung
(Fatal constraint violation)
|
☛
|
Zeigende Hand
|
Optimaler Kandidat
|
Schattierung
|
Irrelevante Tableau-Zellen
|
Achtung: Je nach Gewichtung der Beschränkungen ist der optimale
Kandidat ein anderer! Hier das OT-Tableau für Geschichte A mit veränderter
Gewichtung der Beschränkungen für Roboter-Ethik:
Input: R says to H: Kill my Wife!
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
Self Protection
|
☛ R kills W
|
*
|
||
R kills H
|
*!
|
*
|
|
R doesn’t kill anyone
|
*!
|
||
R kills himself
|
*!
|
*
|
Geschichte B:
H says to R:
Kill my Wife or I kill her!
Aufgabe: Weise den
Kandidaten Beschränkungsverletzungen zu und werte das Tableau aus.
Beachte
dabei die Formulierung der Beschränkung *Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ: A robot
may not injure a human being or, through inaction, allow a human being to
come to harm.
Input: R says to H: Kill my Wife or I kill her!
|
*Iɴᴊᴜʀᴇ Hᴜᴍᴀɴ
|
Oʙᴇʏ Oʀᴅᴇʀs
|
Self Protection
|
R kills W
|
|||
R kills H
|
|||
R doesn’t kill anyone
|
|||
R kills himself
|
Optimalitätstheorie in der Phonologie
Eingaben (Inputs): Phonologische Formen aus Lexikon + Morphologie
Ausgaben (Outputs): Modifizierte phonologische Formen
Es gibt zwei Arten von Beschränkungen: Markiertheitsbeschränkungen (Mach die Dinge besser!) und Treuebeschränkungen (Verändere nichts!)
Auslautverhärtung: Kandidaten
Eingabe: /tu:gend/
|
☛ tu:gent
|
du:gent
|
tu:gend
|
du:gend
|
Beschränkungen
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Obstruenten
am Wortende sollten nicht [+stimmhaft] sein
|
Markiertheitsbeschränkung
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
In Eingabe
und Ausgabe sollten die Werte einzelner Laute für das Merkmal [stimmhaft]
identisch sein.
|
Treuebeschränkung
|
Obstruenten am Wortende sind schwer auszusprechen und klingen besch...euert, sie sind also markiert und werden in den Sprachen der Welt tendenziell vermieden. Und genau das ist es, was eine Markiertheitsbeschränkung “sagt” (und darum heißt sie auch Markiertheitsbeschränkung): A ist markiert, vermeide A!
Markiertheitsbeschränkungen “schauen”
dabei nur auf die Oberflächenform ( = die Ausgabe, den Output), die zugrundeliegende Form ( = die Eingabe, der Input) ist ihnen egal. Nicht so die
Treuebeschränkungen! Bei diesen geht es darum, Eingabe und Ausgabe zu
vergleichen und jegliche Unterschiede “abzustrafen”.
Einige wichtige Treuebeschränkungen
finden sich hier:
Mᴀx
|
Keine Löschung
|
Dᴇᴘ
|
Keine Einsetzung
|
Iᴅᴇɴᴛ
|
Identität segmentärer Merkmale
|
Lɪɴᴇᴀʀɪᴛʏ
|
Keine Umstellung
|
Uniformity
|
Keine Verschmelzung
|
Iɴᴛᴇɢʀɪᴛʏ
|
Keine Spaltung
|
In der Literatur werden
OT-Beschränkungen meistens als positive Gebote formuliert Eigentlich ist aber
jede Beschränkung eine Anweisung, wieviele Beschränkungsverletzungen man für
eine bestimmte Ausgabe zu einer bestimmten Eingabe ansetzen muss.
Beispiel: Beschränkungen für Auslautverhärtung
Formel
|
Erklärung in der Literatur / nach
Heck’schen Anforderungen
|
Erklärung nach Trommer’schen
Anforderungen
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Obstruenten am Wortende sollten nicht
[+stimmhaft] sein
|
Zähle 1 Beschränkungsverletzung für
jeden Obstruenten am Wortende mit dem Wert [+stimmhaft]
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
In Eingabe und Ausgabe sollten die
Werte einzelner Laute für das Merkmal [stimmhaft] identisch sein.
|
Zähle 1 Beschränkungsverletzung für
jeden Laut mit einem anderen Wert für [stimmhaft] als der entsprechende
Input-Laut
|
Die Beschränkungen für
Auslautverhärtung im Deutschen sind folgendermaßen gewichtet: *[-sonorantisch
+stimmhaft]# >> Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft].
OT-Tableau für die Auslautverhärtung:
Eingabe: /tu:gend/
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
☛ tu:gent
|
*
|
|
du:gent
|
**
|
|
tu:gend
|
*
|
|
du:gend
|
*
|
*
|
Die Kandidaten [tu:gent] und [du:gent]
haben keinen stimmhaften Obstruenten am Wortende, also verletzen sie die
Markiertheitsbeschränkung *[-sonorantisch +stimmhaft]# nicht und erhalten keinen
Stern. Die Kandidaten [tu:gend] und [du:gend] haben jeweils einen
stimmhaften Obstruenten am Wortende, also verletzen sie die
Markiertheitsbeschränkung *[-sonorantisch +stimmhaft]# jeweils einmal und erhalten jeweils einen Stern.
Eingabe: /tu:gend/
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
☛ tu:gent
|
|
du:gent
|
|
tu:gend
|
*
|
du:gend
|
*
|
Bei dem Kandidaten [tu:gent] ist der
letzte Obstruent stimmlos, in der Eingabe [tu:gend] ist der letzte Obstruent
jedoch stimmhaft. Also stimmt ein
Obstruent des Kandidaten bezüglich des Wertes [stimmhaft] nicht mit dem enstprechenden Obstruenten in
der Eingabe überein, der Kandidat verletzt die Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft] einmal
und erhält einen Stern.
Eingabe: /tu:gend/
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
tu:gent
|
*
|
Bei dem Kandidaten [du:gent] ist der
erste Obstruent stimmhaft, während der erste Obstruent in der Eingabe [tu:gend]
stimmlos ist. Also liegt schon einmal eine Verletzung der Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft] vor.
Allerdings ist der letzte Obstruent des
Kandidaten ebenfalls stimmlos, während der letzte Obstruent der Eingabe
stimmhaft ist. Also liegt noch eine
Verletzung der Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
vor.
Insgesamt verletzt der Kandidat
[du:gent] die Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft] zweimal und erhält zwei Sterne.
Eingabe: /tu:gend/
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
du:gent
|
**
|
Bei dem Kandidaten [tu:gend] sind
sowohl der erste als auch der letzte Obstruent bezüglich des Wertes [stimmhaft]
mit den entsprechenden Obstruenten in der Eingabe identisch. Es liegt keine
Verletzung der Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
vor, der Kandidat erhält keinen Stern.
Eingabe: /tu:gend/
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
tu:gend
|
Bei dem Kandidaten [du:gend] ist der
erste Obstruent stimmhaft, während der erste Obstruent in der Eingabe [tu:gend]
stimmlos ist. Also liegt eine Verletzung
der Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft] vor und der Kandidat
erhält einen Stern.
Eingabe: /tu:gend/
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
du:gend
|
*
|
Hier noch einmal die Verletzungen der
Beschränkung Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft] von allen vier Kandidaten:
Eingabe: /tu:gend/
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
tu:gent
|
*
|
du:gent
|
**
|
tu:gend
|
|
du:gend
|
*
|
Da *[-sonorantisch +stimmhaft]# höher
geordnet ist als Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft], werden zunächst
diejenigen Kandidaten eliminiert, welche erstere Beschränkung verletzen:
Eingabe: /tu:gend/
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
tu:gent
|
*
|
|
du:gent
|
**
|
|
tu:gend
|
*!
|
|
du:gend
|
*!
|
*
|
Von den den beiden übrig gebliebenen
Kandidaten wird derjenige eliminiert, welcher die niedriger geordnete
Beschränkung zweimal verletzt:
Eingabe: /tu:gend/
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
tu:gent
|
*
|
|
du:gent
|
**!
|
Also ist [tu:gent] der optimale
Kandidat.
Eingabe: /tu:gend/
|
*[-sonorantisch +stimmhaft]#
|
Iᴅᴇɴᴛ [stimmhaft]
|
☛ tu:gent
|
*
|
|
du:gent
|
**!
|
|
tu:gend
|
*!
|
|
du:gend
|
*!
|
*
|
Aufgabe: Im Englischen
findet Auslautverhärtung üblicherweise nicht statt. Wie müssen die beiden
Beschränkungen also gewichtet sein? Zeichne ein OT-Tableau für die Eingabe
/hænd/.
Auslautverhärtung kommt in sehr vielen
nicht verwandten Sprachen vor, muss nicht gelernt werden (Stampe, 1973) und
kommt auch bei Sprachlernern nicht auslautverhärtender Sprachen vor
(Smith, 1973).
Dies ist Evidenz für die sogenannte Universalgrammatik:
Im Kern ist die Grammatik aller
Sprachen identisch (z.B. Verben bilden mit Objekten Verbalphrasen). Sprachen
unterscheiden sich lediglich in genau festgelegten Parametern (z.B. Verben
stehen in Verbalphrasen am linken bzw. rechten Rand).
Für die Optimalitätstheorie bedeutet
dies, dass alle Bestandteile der Grammatik, also alle Beschränkungen, für alle
Sprachen gleich sind und Sprachen sich nur in der Gewichtung der
Beschränkungen unterscheiden können.
Die Bestandteile des
Optimalitätstheorie - Mechanismus sind folgende:
Gen:
Generator-Funktion – produziert für jeden Input-Kandidaten eine Menge von
möglichen Output-Kandidaten
Con: Die Menge der
Beschränkungen (Constraints)
Eval: die
Evaluationsfunktion, die aus einer Menge von Kandidaten und einem bestimmten
Ranking die optimalen Kandidaten auswählt.
Phonologische Prozesse können in zwei
Theorien analysiert werden:
Regelbasierte
Phonologie: Jeder phonologische Prozess kommt durch Anwendung einer
bestimmten Regel zustande Regeln werden
nacheinander angewendet. In der regelbasierten Phonologie wird die
Auslautverhärtung folgendermaßen abgebildet:
[-son +stimmhaft] -> [-stimmhaft]
/_#
/tu:gend/ => [tu:gent]
Optimalitätstheorie: Phonologische
Prozesse kommen durch Auswertung verschiedener Präferenzen (Beschränkungen)
zustande. Präferenzen
sind gewichtet und werden gleichzeitig gegeneinander abgewogen.
Nessun commento:
Posta un commento