Arten körperbezogener nonverbaler Elemente
Kinesik: Körperbewegung und -haltung
“Conscious or unconscious psychomuscularly-based body movements and intervening or resulting still positions, either learned or somatogenic, of visual, visual-acoustic and tactile and kinesthetic perception, which, whether isolated or combined with the linguistic and paralinguistic structures and with other somatic and objectual behavioural systems, possess intended or unintended communicative value” (Poyatos 2002: 185)
Proxemik: Raumwahrnehmung und –nutzung. Dazu gehört z.B. der Abstand zweier Personen zueinander (wenn der A dem B zu nahe tritt, fühlt B sich beengt).
Haptik: Taktile Wahrnehmung für Kommunikationszwecke (z.B. Streicheln, Schlagen)
Olfaktorik: Kommunikation durch die Wahrnehmung von Gerüchen
- kann kulturspezifisch sein – in der „westlichen Welt“ werden natürliche menschliche Eigengerüche negativ bewertet, in anderen Kulturen positiv.
Äußere Erscheinung und Kleidung
- wird je nach Anlass / erwarteten Gesprächspartnern gewählt (für Vorstellungsgespräch oder eine mündlichen Prüfung macht man sich üblicherweise anders zurecht als für ein Treffen mit Freunden im Park)
- in unterschiedlichen Ländern gelten unterschiedliche Schönheitsideale; man denke z.B. an das Klischee, dass in arabischen Ländern - im Unterschied zum Okzident - füllige Damen als schön gelten.
Parasprache: Alle sprachbegleitenden vokalen Mittel, die notwendig sind für die Kommunikation
Chronemik: Zeitanwendung als nonverbaler Code
- Jemand mit viel Macht kann zum Beispiel zu spät kommen oder eine lange Pause machen, bevor er eine Antwort gibt - weil er es sich leisten kann.
Chemische und dermale Reaktionen: Reaktionen des Körpers auf physische oder psychische Zustände. Unter chemischen Reaktionen versteht Poyatos (1997) Weinen, Schweißausbrüche oder den sprichwörtlichen Schaum vor dem Mund, dermale Reaktionen sind, wie der Name schon sagt, Reaktionen der Haut wie Erröten oder Erbleichen.
Kinesik: Kategorien nach Ekman und Friesen
Embleme: kinetische Zeichen mit einer verbalen Entsprechung
Illustratoren: Gesten, die eine visuelle Zusatzinformation zu einer verbalen Botschaft bieten
Affektive Darbietungen: Elemente der Mimik (Gesichtsausdrücke), die Gefühle zum Ausdruck bringen
Regulatoren: Aktionen und nonverbale Verhalten, die eine Konversation regeln
Adaptoren: Kinetische Handlungen, die einem physischen oder psychischen Bedürfnis entsprechen
Parasprache: Kategorien nach Poyatos
Primäre Qualitäten: Persönliche Merkmale der Stimme, z. B. Klangfarbe, Tempo, Rhythmus, Pausen, Lautstärke und Tonhöhe.
Stimmtypen: Sie werden als Träger bestimmter Bedeutungen erkannt und von biologischen, physiologischen und psychologischen Faktoren bestimmt, z. B. murmelnde Stimme, rauchige Stimme, Falsett oder harsche Stimme.
Differenzierer: Eigenschaften, die physiologische Reaktionen und psychologische Zustände ändern, z. B. Lachen, Weinen, Schreien, Seufzen, Niesen
Alternanten: Nonverbale Klangproduktion, z.B. Ausatmen, Einatmen, Zischen, Grunzen
Quasiparasprachliche kinesische Handlungen
Darunter versteht man kinesische Handlungen, die Geräusche erzeugen. Poyatos (1997) unterscheidet folgende Kategorien:
Self-adaptors: z.B. Fingerschnipsen, Auf-die-Brust-Trommeln, Schenkelklopfer, etc.
Alter-adaptors: z.B. jemand anderem auf die Schulter klopfen
Body-adaptors:
a) Essgeräusche (können Gefühle wie Verachtung oder Ungeduld, sozialen Status oder auch kindisches Verhalten und pathologische Regression ausdrücken)
b) Von Kleidung oder Schmuck verursachte Geräusche
Object-adaptors: auf den Tisch hauen, an die Tür klopfen, etc.
Object-mediated activities: die Tür zuknallen, mit Tellern klappern, mit Gläsern anstoßen, etc.
Beispiele und Material
Dies ist ein Emblem mit der verbalen Entsprechung “Ma che-”, zu Deutsch „Was zur Hölle-“ oder neudeutsch “What the f***”. Es ist also nicht zur Begleitung jeder Äußerung – “no matter what” – geeignet, wie das Meme suggeriert. Eine unpassende Verwendung dieser Geste kann zu schweren Missverständnissen führen.
- Babbel / Luca Vullo: https://www.youtube.com/watch?v=Ryi2rW6Psvg
- Metatron: https://www.youtube.com/watch?v=kfHfYhlSx8s
Altri video:
- Learn Italian with Caterina: I Gesti (with Italian and English verbal equivalents)
- Tia Taylor / Adriana Spink: "Imparo i gesti italiani" https://www.youtube.com/watch?v=YyicTycXpOw
Altri video:
- Learn Italian with Caterina: I Gesti (with Italian and English verbal equivalents)
- Tia Taylor / Adriana Spink: "Imparo i gesti italiani" https://www.youtube.com/watch?v=YyicTycXpOw
- Briller : "My Girlfriend Quizzes me on Italian Hand Gestures" (con sottotitoli in inglese) https://www.youtube.com/watch?v=dd_CMMZTnE0
Erikottero - Japan und Italien im Vergleich
Erikottero ist der Kanal der japanischen YouTuberin Eriko, die in italienischer Sprache allerhand über die japanische und italienische Kultur zu berichten weiß. Unter anderem geht es dabei um nonverbale Kommunikation.
Physische Erscheinung und Kleidung: Während so manche Europäerin gern die glatten Haare einer Asiatin hätte, damit ihre Frisur endlich straff und professionell aussieht, treiben Japanerinnen einen Heidenaufwand, um ihre Haare westlich-wellig und unordentlich aussehen zu lassen: https://www.youtube.com/watch?v=i_48ss8vp6g
Parasprache: Im Unterschied zu Italienern kommunizieren Japaner laut Erikottero weniger über Gesten denn über Geräusche und ziehen diese in die Länge - wiederum im Unterschied zu den Italienern, deren lautliche Reaktionen Erikottero als kurz angebunden erlebt: https://www.youtube.com/watch?v=xMda2CU0x3Y&t=148s
Kinesik:Wenn die Japaner dann doch über Gesten kommunizieren, dann so: https://www.youtube.com/watch?v=l5pR-QrjXvI&t=3s
Bedeutung russischer Gesten (Videoreihe Easy Russian, mit russischen und englischen Untertiteln): https://www.youtube.com/watch?v=qTKIhDIWWi4
Der Übersetzer von Rico, Oskar und die Tieferschatten hat es hier zumindest an einer Stelle leichter: Sie tippte sich mit dem Finger an den Kopf hat ein russisches Äquivalent, nämlich она крутила пальцем у виска.
Faktoren der Kulturspezifik
Die Kulturspezifik nonverbaler Elemente hängt nach Neuliep (2009) von folgenden Faktoren ab:
a) Individualismus und Kollektivismus: Diese kulturellen Orientierungen spiegeln sich vor allem in kinesischen und proxemischen Elementen wieder: In kollektivistischen Kulturen wird weniger persönlicher Raum benötigt als in individualistischen Kulturen, Körperbewegungen einzelner Menschen sind synchronisierter, nonverbale Elemente, welche Gefühle und physische oder psychische Zustände ausdrücken (affektive Darbietungen, Adaptoren, Differenzierer) werden tendenziell unterdrückt, um die Harmonie in der Gruppe aufrechtzuerhalten.
b) Power distance: Dieser Begriff bezieht sich auf die Machtverhältnisse und Hierarchiestrukturen innerhalb einer Kultur und darauf, inwieweit diese akzeptiert werden oder aber versucht wird, diese zu verringern. In Kulturen mit hoher power distance ist die (nonverbale) Kommunikation zwischen Menschen mit hohem und Menschen mit niedrigem sozialem Status beschränkt, zudem wird von Menschen mit niedrigem sozialem Status erwartet, dass sie Höhergestellten gegenüber nur positive Gefühle zeigen, z. B. mehr lächeln. Weiterhin sind Menschen in Kulturen mit geringer power distance sich ihrer Parasprache, insbesondere der Lautstärke ihrer Stimme, weniger bewusst als in Kulturen mit hoher power distance. So werden US-Amerikaner (und Westeuropäer) von Angehörigen anderer Kulturkreise als laut, übertrieben und kindisch wahrgenommen.
c) High Context und Low Context: In Low-Context-Kulturen wird mehr über verbale Codes kommuniziert, in High-Context-Kulturen mehr über nonverbale Codes. Dadurch kommt dem Schweigen eine unterschiedliche Bedeutung zu (in ersteren Kulturen wird dieses als unangenehm empfunden, in letzteren als normal) und subtile Körperbewegungen, welche Angehörigen von Low-Context-Kulturen entgehen, sind in High-Context-Kulturen ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation.
d) Diese sind nicht zu verwechseln mit Low-Contact- und High-Contact-Kulturen: In Low-Contact-Kulturen wird physische Nähe und Körperkontakt als unangenehm empfunden und vermieden, in High-Contact-Kulturen dagegen positiv bewertet und gesucht. Die europäische und US – amerikanische Kultur gelten als Moderate-Contact-, ostasiatische Kulturen als Low-Contact- und arabische sowie südeuropäische Kulturen als High-Contact-Kulturen, wobei einige südeuropäische Länder fälschlich dort eingeordnet werden: So wird nicht in ganz (Süd‑) Italien Körperkontakt als positiv empfunden, die Sarden neigen z. B. dazu, diesen zu vermeiden.
e) Monochronische und polychronische Kulturen: In monochronischen Kulturen, zu denen Deutschland und Frankreich gehören, wird Zeit als etwas Einteilbares, Planbares empfunden, in polychronischen Kulturen gilt die Zeit als weniger berührbar (Neuliep 2009:317). In arabischen Ländern gilt es schon fast als Sakrileg, die Zukunft voraussehen und planen zu wollen, da nur Gott über diese bestimmen kann (Neuliep 2009:318), daher fügen viele Araber, auch wenn sie in europäischen Ländern mit monochronischer Kultur leben, Verabredungen die Formel inchallah (so Gott will) hinzu. Auch im Irischen fügen ältere oder religiöse Menschen Aussagen über die Zukunft die Formel le cúnamh Dé (mit Gottes Hilfe) hinzu: Beimid ag dul ar ais go dtí an Ghearmáin Dé hAoine seo chugainn le cúnamh Dé – Nächsten Freitag werden wir mit Gottes Hilfe nach Deutschland zurückfahren. Dies lässt vermuten, dass die Kelten ein polychronisches Volk waren. Auch heutzutage werden in Irland Zeiteinteilungen weitaus weniger eng gesehen als in Deutschland oder auch Frankreich.
Auszug aus: Andermann, Felicitas (2018): Sie tippte sich mit dem Finger an den Kopf. Eine vergleichende Untersuchung der Beschreibungen kulturspezifischer nonverbaler Elemente in Andreas Steinhöfels Kinderbuch Rico, Oskar und die Tieferschatten und seiner Übersetzung ins Französische. Universität Leipzig, Bachelorarbeit
Literaturangaben
Danesi, Marcel (2004): Messages, Signs and Meanings: A Basic
Textbook in Semiotics and Communication Theory. Toronto: Canadian Scholars
Press.
De Bartoli, Mario / Maroto, Jesús (2001): Translating colours in web
site localization. In: European Languages and the Implementation of
Communication and Information Technologies (Elicit) conference. University
of Paisley.
Ekman et al (1987): Universals and
Cultural Differences in the Judgments of Facial. Expressions
of Emotion. In: Journal of Personality and Social Psychology,
53(4), 712-717.
Neuliep, James William (2009): Intercultural
Communication: a Contextual Approach. Los Angeles: Sage.
Poyatos,
Fernando ed. (1997) Nonverbal
Communication and Translation. New perspectives and
challenges in literature, interpretation and the media. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins.
Poyatos, Fernando (2002). Nonverbal Communication Across Disciplines (Vol.
1-3). Amsterdam:
John Benjamins.
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